Der Insolvenzverwalter kann bei dem Insolvenzgericht einen Antrag auf Nichtberücksichtigung von unterhaltsberechtigten Personen bei der Berechnung des pfändbaren Einkommens stellen.
Umgekehrt hat auch der Schuldner die Möglichkeit, sein pfändungsfreies Einkommen durch entsprechende Anträge zu erhöhen. Schwierig wird es jedoch, wenn ein Paar zusammenzieht, bei dem einer oder sogar beide Partner Kinder aus früheren Beziehungen mitbringen (neudeutsch Patchworkfamilie). Diese Konstellationen sind vielfältig und die Anzahl der Patchworkfamilien steigt. Das ist nicht nur beispielsweise familienrechtlich oder sozialrechtlich schwierig, sondern auch im Bereich des Pfändungsrechts. Faktisch wird zwar oft ein gegenseitiger Unterhalt gewährt, auch gegenüber den „Stiefkindern“. Rechtlich sieht es wieder anders aus.
In einem vom BGH zu entscheidenden Fall lebte der Schuldner mit seiner Lebensgefährtin und deren zwei Kindern zusammen. Dadurch bilden sie eine Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs. 2 und 3 SGB II. Der Schuldner beantragte beim Insolvenzgericht, seine Lebensgefährtin als unterhaltsberechtigte Person bei der Berechnung des pfändbaren Einkommens zu berücksichtigen.
Der BGH (Beschluss v. 19.10.2017, Az.: IX ZB 100/16) entschied, dass eine solche Berücksichtigung nicht möglich ist.
Eine Erhöhung des unpfändbaren Einkommens nach § 36 InsO i.V.m. § 850f Abs. 1 lit. a ZPO war schon deswegen nicht möglich, weil der Schuldner nicht nachgewiesen hatte, dass bei Berücksichtigung der Pfändungsfreigrenzen nach § 850c ZPO der notwendige Lebensunterhalt für sich und für die Lebenspartnerin nicht gedeckt ist
Weiterhin waren die Voraussetzungen des § 850f Abs. 1 lit. c ZPO nicht erfüllt. Diese Regelung bezieht sich auf § 850c ZPO. Freiwillig übernommene Unterhaltsverpflichtungen, aber auch die sogenannten faktischen Unterhaltszahlungen im Rahmen einer Bedarfsgemeinschaft fallen jedoch nicht unter diese Regelung; denn es muss sich nach ihrem eindeutigen Wortlaut um gesetzliche Unterhaltspflichten handeln.
Eine Erhöhung des Pfändungsfreibetrages nach § 765a ZPO kam auch nicht in Betracht. Dies ist eine Ausnahmeregelung und deswegen eng auszulegen. Der Gesetzgeber hat mit der restriktiven Fassung der Vorschrift klarstellen wollen, dass nicht jede Vollstreckungsmaßnahme, die für den Schuldner eine unbillige Härte bedeutet, die Anwendung der Härteklausel rechtfertigt. Die Vollstreckung soll erst an der Grenze der Sittenwidrigkeit haltmachen. Das war hier aber nicht ersichtlich, zumal der Schuldner auch dazu nicht dargelegt hatte, dass sein Lebensunterhalt gefährdet war.
Auch die analoge Anwendung der Regelungen prüfte das Gericht und verneinte sie.
Anmerkung des Autors:
Mit dieser Entscheidung steht jedenfalls fest, dass § 850c ZPO nur für gesetzliche Unterhaltspflichten gilt.
Bei der Prüfung des § 850f lit. a ZPO war bedauerlich, dass es an Ausführungen des Schuldners fehlte. Denn die Rechtsfrage, ob solche Fälle von der Vorschrift erfasst werden, ist nicht höchstrichterlich geklärt. Es geht dabei um die Frage, ob nur Personen zu berücksichtigen sind, denen der Schuldner nach § 850c ZPO Unterhalt gewährt oder ob auch vertragliche Unterhaltspflichten zu berücksichtigen sind oder andere als die in § 850c ZPO genannten Personen oder Personen, die zu einer Bedarfsgemeinschaft gehören. Hier besteht noch Klärungsbedarf.
Auch stellt sich die Frage, ob und wie die genannten Vorschriften auf die veränderten Lebensgewohnheiten möglicherweise angepasst werden sollten.
Rechtsanwalt Andreas Könnecke