Kontopfändung vor Insolvenzantragstellung

Bei Pfändungen insbesondere Kontopfändungen, gerade kurz vor der Stellung des Insolvenzantrags, können einige Probleme entstehen. Eines behandelt der BGH in seinem Urteil v. 21.09.2017, Az.: IX ZR 40/17.

In dem Fall pfändeten Gläubiger das Pfändungsschutzkonto (P-Konto) des Schuldners kurz vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Nach Verfahrenseröffnung liefen auf dem Konto Beträge ein, die die Pfändungsfreigrenze des Kontos überstiegen. Die kontoführende Bank sammelte die Beträge auf einem gesonderten Konto. Der Insolvenzverwalter forderte die Bank zur Auszahlung auf.

Zu Unrecht dem BGH zufolge. Zwar führen Rückschlagsperre und Pfändungsverbot der §§ 88, 89 InsO zur Unwirksamkeit der Pfändung. Dennoch bleibt die Verstrickung bestehen. Die §§ 88, 89 InsO erfassen nur die vom Vollstreckungsgläubiger erlangten Sicherheiten. Dies dient letztlich dem Schutz des pfändenden Gläubigers.

Da somit eine Auszahlung der Bank nicht ohne Verstrickungsbruch möglich ist, ist eine förmliche Beseitigung dieser Beschlagnahmewirkungen erforderlich. Die Verstrickung  muss durch einen gesonderten Akt beseitigt werden, weil andernfalls die Sicherheit auch bereits bei einem auf Rechtsmittel aufgehobenen Eröffnungsbeschluss unwiederbringlich mit Rangverlust verloren wäre.

Solange die öffentlich-rechtliche Verstrickung nicht gerichtlich aufgehoben worden ist, kann das Pfändungspfandrecht nach Beendigung des Insolvenzverfahrens wieder wirksam werden.

Wird die Vollstreckungsmaßnahme nicht von Amts wegen aufgehoben, muss der Insolvenzverwalter die Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung bei dem nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens zuständigen Vollstreckungsorgan, gegebenenfalls im Wege der Erinnerung geltend machen.

 

Anmerkung des Autors:

Im Fall eben gab es pfändbares Guthaben auf dem P-Konto, das zur Insolvenzmasse gehörte. Darum muss sich der Insolvenzverwalter kümmern. Oft genug bleiben die Einnahmen des Schuldners aber unter der Pfändungsfreigrenze des P-Kontos. Dann braucht der Insolvenzverwalter nicht tätig werden. Die Verstrickung bleibt aber weiterhin bestehen, auch nach Verfahrensaufhebung und nach Erteilung der RSB. Nach Verfahrensaufhebung darf der Schuldner wieder Vermögen ansparen, das ihm gehört und nicht in die Insolvenzmasse fließt. Die Bank dürfte diese Beträge wegen der Verstrickung nicht auszahlen. Der Schuldner muss sich folglich selbst darum kümmern. Erschwerend kommt hinzu, dass nach BGH, Beschluss v. 19.05.2011 (Az.: IX ZB 284/09), bei Fortbestehen der Verstrickung auch das Pfändungspfandrecht wieder auflebt. Die Unwirksamkeit der Pfändung nach § 88 InsO ist nur eine schwebende. Trotzdem kann das Vollstreckungsorgan im Falle des § 88 InsO die Vollstreckungsmaßnahme und damit auch die Verstrickung aufheben. Alternativ kann der Schuldner versuchen, eine Einigung mit dem pfändenden Gläubiger zu erzielen. Denkbar wäre auch, vor der Einleitung des Insolvenzverfahrens ein neues Konto anzulegen, wenn auf dem bisherigen bereits seit längerem Pfändungen liegen, die nicht nach § 88 InsO unwirksam sind.

Rechtsanwalt Andreas Könnecke